Prag will uns nicht mehr haben – es ist bedeckt, feucht und kühl (15 Grad) als wir aufstehen. Nachdem wir gefrühstückt und gepackt haben, ist es immer noch nicht besser, so dass wir uns, obwohl es noch viel zu erkunden gegeben hätte, einigermaßen leichten Herzens aus der Stadt verabschieden. Unser Navi leitet uns wirre Wege auf die Autobahn Richtung Brün, von denen aber offenbar einige der eher komplizierten Verkehrsführung geschuldet sind. Wir kommen aber ins Rollen und schaffen trotz diverser Baustellen eine ordentliche Strecke, als die Wohnmobilchenbeifahrerin einen kleinen Umweg „über die Dörfer“ vorschlägt. Es soll nach Telć gehen. Also runter von der Autobahn und auf Landsträsschen durch Südböhmen. Die Landschaft ist echt toll, die Straßen eher nicht: Eng, kurvig, Kuppen über die man im Blinflug fährt, weil der Scheitelpunkt so spitz ist, das Mann für einen kurzen Augenblick den weiteren Verlauf der Straße nicht sehen kann, Strassenbeläge, die nur noch um die Löcher herum existieren – aber das ganze mit der Landschaft eigentlich toll.
In Telć angekommen finden wir erst einmal einen Ort vor, wie wir schon mehrere durchfahren haben. Als wir aber zu Fuß den Marktplatz erreichen, sind wir sofort sicher, dass sich der kleine Umweg gelohnt hat. Alle Häuser rund um den Platz sind im 16. und 17. Jahrhundert, offenbar nach einem Brand, im Renaissance- und Barockstil neu aufgebaut worden und so komplett erhalten. Der Ort ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe.
Nach der Besichtigung des Ortes wollen wir eigentlich nur einen Kaffee trinken. Das ziemlich durchdesignte Kaffee, das wir in einer Seitenstraße finden, bietet aber auch Mittagessen an. Da es schon 14.00 h ist, schlagen wir zu. Allerdings kann uns der junge Kellner nur noch zwei verschiedenen Gerichte und davon auch nur jeweils eine Portion anbieten, da der Kühlschrank mittlerweile wohl schon leer ist. Das gefällt uns, weil wir davon ausgehen, dass alles frisch ist und eben nicht aus der Tiefkühltruhe kommt. Wir werden tatsächlich nicht enttäuscht. Wir bekommen einfache Gerichte, aber die sind top. Dazu trinke ich ein Bier aus einer kleinen Brauerei in Telć (in der Karte als „tagesaktuell“ angeboten), das so lecker ist, dass wir beschließen, die Brauerei zu suchen, um das ein oder andere Fläschchen mit nach Hause zu bringen.
Unter der angegebenen Adresse ist die Brauerei aber nicht zu finden, so dass wir unverrichteter Dinge den Weg Richtung Wien einschlagen. Da jedoch eine Ausfahrtsstrasse gesperrt ist, fahren wir einige Runden durch den Ort, da auch die Umleitungsstrecke etwas komisch läuft und weder mit unserer Karte noch mit unserem Navi kompatibel ist. Ein plötzlicher Aufschrei lässt mich das Steuer nach links herumreißen, weil die beste Beifahrein von Allen zwar nicht die Ausschilderung nach Wien entdeckt hat, aber die zur Brauerei. Leider finden wir mit dem Brauer keine gemeinsame Sprache, Verstehen aber, dass von dem Bier, das ich getrunken habe, nichts mehr da ist. Er bietet uns aber drei verschiedene andere Biere an, von denen wir jeweils eine Flasche kaufen – wohlgemerkt: 1-Liter-Flaschen. Weiter gehts Richtung Wien, wo wir uns ersteinmal in einen Stau stellen. So haben wir, als wir den erwählten Campingplatz erreichen, nach doch 6 Stunden Fährt für ca. 370 km , keine Lust mehr, noch an diesem Abend einen ersten Ausflug in die Stadt zu machen. Wir kaufen noch schnell ein und hauen uns nach dem Abendbrot, zu dem eine erste Flasche „gemischter Satz“ (so nennt sich eine für Wien typische Weissweincuvee) in die Falle.